Üppiger Goldkelch

Die gigantischen Blüten des Goldkelchs haben es in sich, schon der Duft soll betörende Folgen haben.

Solandra maxima (Sessé & Moc.) P.S.Greene

Im Dezember stehen ja eigentlich die Pflanzen der Weihnachtszeit im Mittelpunkt. Der Üppige Goldkelch, unsere aktuelle Pflanze des Monats, gehört nicht so ganz in dieses Umfeld, es sei denn, Sie können in den gigantischen gelben Blüten einen Vorboten des Weihnachtssterns erkennen. Aber Vorsicht, folgen Sie nicht diesem vermeintlichen Stern der Weisen, er führt schnell ins Verderben. Denn der Goldkelch ist bei aller Schönheit eine stark giftige und halluzinogene Pflanze. Bereits dem Duft der Blüten werden psychoaktive und aphrodisierende Wirkungen nachgesagt. Zwar sind in den Gewächshäusern des Botanischen Gartens diesbezüglich noch keine Auffälligkeiten aufgetreten. Das liegt aber vielleicht nur daran, dass die Blüten, die in ihrer Heimat von tropischen Fledermaus-Arten bestäubt werden, vor allem nachts duften. Leider ist nicht bekannt, ob sich die nachtaktiven Fledertiere nur am Nektar laben oder auch am Duft der Blüten berauschen.

Der Üppige Goldkelch ist ein Vertreter der Nachtschattengewächse und gehört zur Gattung Solandra. Diese Gattung umfasst 10 Arten, die im tropischen Amerika beheimatet und alle sehr ähnlich sind. Überwiegend sind es große Lianen tropischer Wälder, die zum Teil auch epiphytisch oder auf Felsen wachsen und bis in Höhen von 3.000 m vorkommen können. Etwa vier dieser Arten werden als Zierpflanzen in den wärmeren Regionen der Erde kultiviert, die bekannteste davon ist der Üppige Goldkelch – Solandra maxima. Er lässt sich leicht über Stecklinge vermehren und ist nicht sehr anspruchsvoll in der Kultur. Damit die Pflanze zur Blüte kommt, muss sie aber eine stattliche Größe erreichen, weshalb sie als Zimmerpflanze normalerweise nicht in Betracht kommt. Wie die meisten Nachtschattengewächse enthält der Goldkelch eine Reihe giftiger Alkaloide, die auch für die halluzinogene Wirkung verantwortlich sind.

Eine große Bedeutung als Rauschpflanze hat der Goldkelch trotz seiner Inhaltsstoffe allerdings nicht. Dafür ist er zu giftig und die Wirkung ist wie bei der verwandten Engelstrompete (Gattung Brugmansia) nicht kalkulierbar und viel zu gefährlich. Dennoch hat die Pflanze einen spannenden ethnobotanischen Hintergrund: Bei den Huichol im Westen Mexikos, die durch den rituellen Gebrauch des Peyote-Kaktus bekannt sind, gilt auch der Goldkelch als göttliche Pflanze. Ihrer Mythologie zufolge ist sie die Verkörperung des mächtigen Gottes der Winde, Kiéli, der wegen seiner ungezügelten Machtansprüche über die anderen Gottheiten in diese Pflanze verwandelt wurde. Da Kiéli nicht vor Hexerei zurückschreckte, gilt die Solandra bei den Huichol auch als Pflanze für bösen Zauber. Im Botanischen Garten müssen Sie sich davor in der Regel nicht fürchten. Es sei denn, Sie finden Opfergaben am Fuße der Pflanze. Dann hat unser Schamane den mächtigen Kiéli offenbar wieder um Hilfe gegen die Schildläuse gebeten.

Systematik: Nachtschattengewächse (Solanaceae)
Heimat: Mexiko bis Venezuela und Kolumbien
Standort: Gewächshaus 13 (Verbinder)

Literatur
Bernadello, L.M. & A.T. Hunziker (1987). A synoptical revision of Solandra (Solanaceae). Nordic J. of Botany 7: 639-652.
Fleming, T.H., C. Geiselmann & W.J. Kress (2009). The evolution of bat pollination: a phylogenetic perspective. Annals of Botany 104: 1017-1043.
Knab, T. (1977). Notes concerning use of Solandra among the Huichol. Economic Botany 31: 80-86.

Text und Fotos: Ralf Omlor | 08.12.2010