Durch die Umgestaltung des Freilandgeländes wurde im Jahr 2006 der Bereich Kulturlandschaften neu angelegt und vergrößert. Er umfasst nun eine Streuobstwiese, eine Ackerfläche mit wechselnden Kulturen, einen Wingert und seit 2010 den Bauerngarten des Freundeskreises des Botanischen Gartens. Der Gartenbereich Kulturlandschaften verfolgt das Ziel, wichtige landwirtschaftliche Nutzpflanzen zusammen mit ihren typischen Begleitunkräutern vorzustellen und die ökologische Bedeutung dieser Lebensräume zu verdeutlichen.
Ackerfläche
Hier werden wichtige Getreidearten, Lein und Hackfrüchte (wie z.B. Kartoffeln, Zuckerrüben oder Mais) in Verbindung mit ihren charakteristischen Begleitunkräutern gezeigt. Die Ackerfläche ist in drei Bereiche untergliedert, die von Jahr zu Jahr etwas unterschiedlich bepflanzt werden.
Getreideunkraut-Gesellschaft
Die wichtigsten Unkräuter dieser Gesellschaft werden am Beispiel eines kleinen Roggenfeldes gezeigt. Das Artenspektrum ist allerdings unabhängig von der jeweiligen Kulturpflanze. Getreideunkraut-Gesellschaften entstehen, wenn die letzte Unkrautbekämpfung durch Eggen oder Herbizide im Herbst oder Vorfrühling erfolgt ist. Die Getreide-Unkräuter sind meist einjährige Pflanzen und gut an den Jahresrhythmus der Getreidearten angepasst. Ihre Keimungstemperatur liegt bei unter 10°C und ist damit deutlich geringer als bei den Hackfrucht-Unkräutern. Typische Vertreter dieser Unkraut-Gesellschaft sind die Kornrade (Agrostemma githago) oder das Kuhkraut (Vaccaria hispanica). Beide sind in Deutschland vom Aussterben bedroht.
Leinacker-Gesellschaft
Der Anbau von Saat-Lein (Linum usitatisimum) ist im vergangenen Jahrhundert in Deutschland fast vollständig erloschen. Entsprechend sind auch die wenigen, aber sehr spezifisch an den Leinanbau angepassten Unkräuter in Deutschland weitgehend verschwunden. Der Leinacker im Botanischen Garten bietet die Möglichkeit, in der Natur verschollene Arten, wie den Gezähnten Leindotter (Camelina alyssum) kennen zu lernen.
Hackunkraut-Gesellschaft
Diese Unkraut-Gesellschaft entsteht, wenn die letzte Unkrautbekämpfung erst im Mai oder Juni stattgefunden hat. Die Hackfrucht-Unkräuter benötigen eine höhere Keimtemperatur als die Getreideunkräuter. Sie keimen also später im Jahr und können sich nur in den noch lange offenen Hackfrucht-Äckern etablieren. Typische Hackfrucht-Unkräuter sind z.B. Gänsefußarten (Chenopodium), Fuchsschwanzarten (Amrarant) oder die Blut-Fingerhirse (Digitaria sanguinales). Im Unterschied zu den meisten Getreide- und Leinackerunkräuter sind die Hackfruchtunkräuter auch heute noch sehr häufig, da sie auch in Gärten und auf Ruderalflächen vorkommen können.
Bauerngarten
Seit dem Frühjahr 2010 unterhält der Freundeskreis des Botanischens Gartens einen Bauerngarten als Ergänzung zu den Kulturlandschaften im Botanischen Garten. Der Bauerngarten soll ein größeres Spektrum an Nutz- und Zierpflanzen zeigen, darunter alte regionle Sorten, zugleich aber auch als Schul- und Lerngarten der Grünen Schule dienen.
Wingert
Auch der Weinbau wird in seiner traditionellen Form von einer charakteristischen und artenreichen Unkrautgesellschaft begleitet, die als Weinbergslauch-Gesellschaft bezeichnet wird. Die Weinbergsunkräuter sind meist erst mit dem Weinbau, etwa ab dem 3. Jahrhundert aus dem Mittelmeergebiet bei uns eingewandert. Viele sind ausgesprochen wärmeliebend und gut an das mehrfache Hacken zwischen den Reben angepasst. Viele Weinbergs-Unkräuter sind Geophyten, wie etwa die Traubenhyazinthe (Muscari neglectum) oder die Wilde Tulpe (Tulipa sylvestris). Sie sind mit ihren tief im Erdreich vergrabenen Zwiebeln vor dem Aushacken geschützt. Oder es sind schnellwüchsige einjährige Pflanzen, wie die Acker-Ringelblume (Calendula arvensis), die eine hohe Samenproduktion aufweisen und sich dadurch ständig neu etablieren können.
Streuobstwiese
Die Streuobstwiese dient dazu, die Sortenvielfalt der zum Teil Jahrtausende alten Nutzpflanzen zu thematisieren. Als Unterbewuchs soll sich im Laufe der Jahre eine artenreiche Glatthaferwiese entwickeln. Mit den hochstämmigen Obstbäumen und der extensiven Mähwiese wird zugleich auf die hohe ökologische Bedeutung der traditionellen Kulturlandschaften hingewiesen. Auf der Streuobstwiese sind folgende Apfel- und Birnensorten gepflanzt:
Malus domestica „Brauner Matapfel”
Malus domestica „Champagner Renette”
Malus domestica „Kaiser Wilhelm”
Malus domestica „Rheinischer Winterrambur”
Malus domestica „Rote Sternrenette”
Malus domestica „Winter-Goldparmäne”
Pyrus communis „Gellerts Butterbirne”
Pyrus communis „Köstliche von Charneu”