Evolution der Landpflanzen – Ausstellung 2005

Die Landpflanzen umfassen die Moos-, die Farn- und die Samenpflanzen. Sie sind mit vielen morphologischen, anatomischen und physiologischen Eigenschaften an ein Leben auf dem Land angepasst, dessen Herausforderung an erster Stelle die begrenzte Verfügbarkeit von Wasser ist. Von den heute lebenden Pflanzen sind wahrscheinlich die Jochalgen (Zygnematophytina) die engsten Verwandten der Landpflanzen. Da diese Algen und auch andere eng mit den Landpflanzen verwandte Algengruppen wie z.B. die Armleuchteralgen im Süßwasser leben, scheint die Eroberung des Landes vom Süßwasser ausgegangen zu sein. Erste Schritte dabei waren vielleicht Anpassungen an das vorübergehende Trockenfallen als Ergebnis von Wasserstandsschwankungen.

Die Evolution der Landpflanzen begann vor mindestens 475 Millionen Jahren. Aus dieser Zeit stammen die ältesten Reste von Sporen, die mit einiger Sicherheit den Landpflanzen zugeordnet werden können. Viele Indizien sprechen dafür, dass diese frühen Sporen von moosartigen Pflanzen gebildet wurden. Man nimmt daher an, dass die drei Gruppen der Moospflanzen - die Lebermoose (ca. 5500 Arten), die Hornmoose (ca. 200 Arten) und die Laubmoose (ca. 10000 Arten) - die ältesten Entwicklungslinien der Landpflanzen darstellen. Diese Vermutung wird auch durch Stammbaumrekonstruktionen unter Verwendung des Erbguts (DNA) unterstützt.

Die ältesten Fossilien vollständiger Landpflanzen stammen von der Wende des Silurs zum Devon und sind zwischen 425 und 400 Millionen Jahre alt. Typischerweise besitzen sie aufrechte, gabelig verzweigte Sprosse, die noch keine Blätter hatten, aber anders als bei den Moosen zum Teil schon ein Wasserleitsystem aus verholzten Zellen besaßen, wie es für die Gefäßpflanzen (Farnpflanzen und Samenpflanzen) kennzeichnend ist. Bereits bei diesen frühen Landpflanzen ist in den wurzelartigen unteren Bereichen eine Symbiose mit Mykorrhiza-Pilzen erkennbar. Offenbar waren die Pflanzen bei der Besiedlung des Landes von Anfang an auf eine enge Lebensgemeinschaft mit Pilzen angewiesen. Von diesen frühen Landpflanzen sind keine lebenden Vertreter erhalten geblieben.

Als erste auch heute noch lebende Farnpflanzengruppe entwickelten sich die Bärlappgewächse. Sie waren die ersten Pflanzen mit einfachen Blättern und brachten vor ca. 370 Millionen Jahren auch die ersten baumförmigen Arten hervor. Die markantesten waren die Schuppenbäume und die Siegelbäume. Sie erreichten Höhen bis über 40 m und dominierten die sumpfigen Tropenwälder bis zum Ende des Karbons. Diese Siegel- und Schuppenbäume sind wichtiger Bestandteil der Steinkohle. Die heute krautigen Bärlappgewächse (ca. 1350 Arten) sind mit Bärlappen (Lycopodium), Moosfarnen (Selaginella) und Brachsenkräutern (Isoetes) auch in der Flora Mitteleuropas vertreten.

Auch die Schachtelhalme und Farne lassen sich bis ins Devon zurückverfolgen. Die Schachtelhalme erlebten ihre Blütezeit im Karbon, vor 350 bis 290 Millionen Jahren, als sie auch baumförmige Vertreter hervorbrachten, die wie Siegel- und Schuppenbäume wichtiger Bestandteil der Steinkohle sind. Heute gibt es nur noch 15 Schachtelhalmarten. Die Farne erlebten ihre große Auffächerung erst in der späten Kreidezeit, vor etwa 80 Millionen Jahren. Die meisten Farne sind damit jünger als die Blütenpflanzen, und man hat spekuliert, dass durch die Entstehung der Blütenpflanzen neue Lebensräume entstanden, die von den Farnen genutzt werden konnten. Die Farne umfassen heute ca. 10.300 Arten, und das Spektrum ihrer Lebensformen reicht von kleinen Wasserfarnen bis zu 20 m hohen Baumfarnen.

Neben den Schachtelhalmen und Farnen gehören zu den heute lebenden Farngewächsen noch die Gabelblattgewächse (17 Arten), die Natternzungengewächse (ca. 110 Arten) und die Marattiagewächse (ca. 110 Arten). In Mitteleuropa kommen davon allerdings nur die Natternzungengewächse mit Natternzunge (Ophioglossum) und Rautenfarn (Botrychium) vor.

Als engster Verwandter der Farne, Schachtelhalme, Gabelblattfarne, Natternzungengewächse und Marattiagewächse entwickelten sich spätestens im Karbon, vor rund 350 Millionen Jahren die Samenpflanzen. Ihr Hauptkennzeichen besteht darin, dass die weibliche Spore, anders als bei allen Farnpflanzen, ihre Mutterpflanze nicht mehr verlässt, sondern sich in einer schützenden Hülle auf der Mutterpflanze weiterentwickelt und letztlich dort die Eizellen hervorbringt. Diese Struktur wird als Samenanlage bezeichnet. Nach der Befruchtung der Eizelle durch eine im Pollen enthaltene männliche Keimzelle entsteht aus ihr der Same als neues Ausbreitungsorgan. Die frühesten Linien der Samenpflanzen sind sämtlich ausgestorben. Es gibt heute noch fünf lebende Gruppen. Vier davon, nämlich die Palmfarne (ca. 300 Arten), der Ginkgo (1 Art), die Nadelbäume (ca. 600 Arten) und die Gnetales (ca. 100 Arten), bilden die Nacktsamer oder Gymnospermen. Von den Nacktsamern sind es nur die Nadelbäume, die z.B. in borealen Nadelwäldern Hauptbestandteil der Vegetation sind. Den Nacktsamern gegenüber stehen die Blütenpflanzen oder Bedecktsamer (Angiospermen) mit mindestens ca. 240.000 Arten. Die Blütenpflanzen tauchen fossil erst in der Kreidezeit, vor rund 140 Millionen Jahren auf und beginnen sich rasch zu entfalten. Ihr Erfolg beruht auf einer Vielzahl von Neuerungen, vor allem aber auf ihren vielfältigen Interaktionen mit Tieren als Fraßfeinde, als Bestäuber der Blüten und als Ausbreiter der Früchte und Samen.

Die Ausstellung zeichnet in zwölf Pflanzenporträts die Entwicklung der heute lebenden Gruppen der Landpflanzen nach. Sie beginnt mit einem Besuch bei der Armleuchteralge Chara, einem engen Verwandten der Landpflanzen. Es folgen die Moose, Bärlappgewächse, Schachtelhalme und Farne, schließlich die Nacktsamer und als letzte Station die Magnolien als eine der ältesten Familien der Blütenpflanzen. Wir wünschen Ihnen eine spannende Zeitreise durch 400 Millionen Jahre Pflanzengeschichte!

Konzeption und Texte: Dr. Ralf Omlor, Prof. Joachim W. Kadereit PhD, Botanischer Garten der JGU, 2005, aktualisiert Prof. J.W. Kadereit 2018.