Die zapfenartige weibliche Blüte des Brotpalmfarns hat nach mehr als sechs Monaten ihre Entwicklung fast abgeschlossen.
Encephalartos villosus Lehm.
Seit mehr als sechs Monaten entwickelt sich im Gewächshaus des Botanischen Gartens der Universität Mainz die weibliche Blüte eines Brotpalmfarns. Die zapfenartige Blüte hat mittlerweile eine Größe von 40 cm erreicht und beginnt sich nun gelborange zu verfärben. Das ist das Zeichen, dass ihre Entwicklung weitgehend abgeschlossen ist. Unter jeder Schuppe des Zapfens sind in den vergangenen Monaten zwei Samen herangereift, die von einem orangeroten fleischigen Mantel umgeben sind und bald sichtbar werden. In der Natur würden die Samen von Tieren gefressen und auf diese Weise ausgebreitet. In unserem Fall werden die Samen aber nicht keimfähig sein, denn im Sommer stand kein Pollen einer männlichen Pflanze für die Bestäubung zur Verfügung. Dennoch hat die Pflanze die Entwicklung des Zapfens und ihrer Samen nicht abgebrochen, eine eigenartige Ressourcenverschwendung.
Palmfarne sind keine modernen Pflanzen. Sie gehören mit den Nadelbäumen und dem Ginkgo in die Gruppe der Nacktsamer (Gymnospermen) und sind die älteste lebende Gruppe der Samenpflanzen. Als Fossilien sind die Palmfarne, die wissenschaftlich als Cycadeen bezeichnet werden, seit dem Perm vor etwa 290 Millionen Jahren belegt. Ihre größte Ausdehnung und Formenvielfalt erreichten sie etwa zeitgleich mit den Dinosauriern. Heute umfassen sie noch 210 Arten. Ihre Verbreitungsgebiete sind meist kleine Reliktareale, die über die wärmeren Regionen der Erde verstreut sind. Palmfarne können auf sehr nährstoffarmen Böden wachsen, da in ihren Wurzeln Cyanobakterien leben, die den Stickstoff aus der Luft für die Pflanze nutzbar machen. Die Stämme haben im Innern ein dickes Mark, das reich an Stärke ist und zu Sago verarbeitet werden kann, aber auch gefährliche Giftstoffe enthält.
Die Brotpalmfarne der Gattung Encephalartos sind ausschließlich in Afrika beheimatet und umfassen 46 Arten, die meisten davon im Südosten des Kontinents. Viele der Arten sind sehr selten und stark bedroht. Unsere Pflanze des Monats, Encephalartos villosus, ist ein niedriger Palmfarn mit sehr kurzem, unterirdischem Stamm. Die Pflanze wächst vor allem in feuchten, schattigen Wäldern entlang der Ostküste Südafrikas und ist dort noch recht häufig. Sie ist leicht an den zu Dornen umgewandelten unteren Blattfiedern zu erkennen. Wie alle Palmfarne wächst sie extrem langsam, ist aber sehr robust. Auch wenn sie alle Blätter verloren hat und scheinbar tot ist, muss man sie nicht aufgeben. Sie kann noch nach mehr als einem Jahr bei günstigen Bedingungen wieder mit dem Wachstum beginnen. Diese Robustheit hat der Pflanzengruppe wohl das Überleben gesichert. Von den erdgeschichtlich sehr viel jüngeren und in der Fortpflanzung viel effizienteren Blütenpflanzen sind sie aber weitgehend verdrängt worden. Nur in kleinen ökologischen Nischen, vor allem an nährstoffarmen Standorten konnten sie sich behaupten. Allerdings nur, solange der Mensch sie nicht ausgräbt und als Zierpflanzen verkauft.
Systematik: Zamiengewächse (Zamiaceae)
Heimat: Südafrika
Standort: Gewächshaus 17
Text und Fotos: Dr. Ralf Omlor | 16.02.2010