Artenvielfalt fördern am Appelbach

Zahlreiche Unterstützung bei der Aussaat und Pflanzung der Behaarten Karde am Appelbach bei Pfaffen-Schwabenheim. Von links: Marc Ullrich, Dr. Ute Becker, Michael Simon. (Foto: Franziska Hahn)

Am Montag, den 10. Oktober 2022, kamen zahlreiche Helferinnen und Helfer, darunter der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach Marc Ullrich und Michael Simon, Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Bad Kreuznach, bei bestem Wetter zum Naturerlebnispfad am Appelbach in Pfaffen-Schwabenheim. Hier fand im Rahmen des Projektes WIPs-De II (Wildpflanzenschutz Deutschland) gemeinsam mit der Interessengemeinschaft ProNatur e.V. eine Ansiedlung der Behaarten Karde (Dipsacus pilosus) statt.Die Behaarte Karde ist zwar noch relativ häufig in Deutschland, kommt aber nur zerstreut vor. Sie wächst vor allem in regelmäßig überschwemmten Auwäldern. Hier bilden sich durch Abtrag oder Ablagerung von Schwemmmaterial immer wieder offene, nährstoffreiche Bodenflächen, auf denen sie sich gut etablieren kann. Allerdings sind Auwälder durch die Flussregulierungen bei uns selten geworden. Die Ansiedlung in Pfaffen-Schwabenheim erfolgte im Zuge der Renaturierung von Teilen des Appelbachs.

Knapp 20 Personen halfen dabei, mehrere Tausend Samen auszubringen und einige Jungpflanzen zu pflanzen. Das Saatgut haben wir kürzlich in einer Erhaltungskultur im Botanischen Garten Mainz gesammelt. Hier standen ca. 100 Mutterpflanzen die wiederum von Nachkommen einer stabilen Population am Appelbach, etwa vier Kilometer vom Naturerlebnispfad gezogen wurden. Die Behaarte Karde ist zweijährig, sie bildet im ersten Jahr vegetative Rosetten und blüht dann in der Regel im zweiten Jahr. Nach der Samenreife sterben die Pflanzen ab. Pflanzen mit einem solchen Lebenszyklus eignen sich prima zur kurzzeitigen Anlage von Erhaltungskulturen mit dem Ziel der Saatgutvermehrung, vorausgesetzt sie blühen auch wirklich im zweiten Jahr. Denn je nach Standort kann es bis zu fünf Jahren bis zur Blüte und Fruchtreife dauern. Wir hatten Glück: unsere Pflanzen blühten nahezu alle zur gleichen Zeit und so haben wir in kurzer Zeit ein Vielfaches an möglichen Nachkommen erhalten. Und die wenigen noch nicht blühenden Pflanzen wurden einfach mit ausgepflanzt.

Blühende und fruchtende Pflanzen in der Erhaltungskultur im Botanischen Garten einige Wochen vor der Saatguternte (Foto: Franziska Hahn)

Bei Pflanzung und Ansaat wurde penibel gearbeitet, um den Erfolg der Ansiedlung zu dokumentieren und in den kommenden Jahren beobachten und auswerten zu können. Zunächst mussten die Flächen mit dem Freischneider bearbeitet und abgeräumt werden. Nun wurden 42 Aussaatflächen von jeweils einem Quadratmeter Größe ausgemessen und mit einem GPS-Gerät eingemessen. Auf jedem Quadratmeter wurden genau 100 Samen ausgebracht. Um die Samen gleichmäßig zu verteilen, wurden sie vorher jeweils mit etwas Erde vermischt und dann ausgestreut. Zum Glück hatte das Team aus dem Botanischen Garten Unterstützung von Freiwilligen.

Freiwillige Helferinnen beim Abzählen der Samen für die Ansaat für die letzten noch fehlenden Aussaattüten (Foto: Franziska Hahn).

„Wir erhoffen uns, dass sich die Behaarte Karde entlang unseres Naturerlebnispfades etablieren wird und sich so nicht nur Insekten an ihr erfreuen werden“, so Peter Rieth, erster Vorsitzender der Interessengemeinschaft ProNatur. Der Erfolg der Wiederansiedlung wird durch regelmäßiges Monitoring überprüft. Wir sind aber optimistisch, denn eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Ansiedlung einer Pflanzenart in einem Naturraum ist eine dauerhafte Pflege bzw. Nutzung des Lebensraums. Dies ist hier durch das Engagement der Interessengemeinschaft ProNatur auf jeden Fall gegeben. Jetzt sind alle gespannt, wie sich die Behaarte Karde in den kommenden Jahren entwickelt.

Kontakt für weitere Informationen

Dr. Ute Becker
Grüne Schule im Botanischen Garten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Anselm-Franz-von-Bentzel-Weg 9b
55128 Mainz
Tel. 06131 39 25686
E-Mail: beckeru@uni-mainz.de

 

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